Branding
Strategie

Gedankenmuster: Ist Brand-Management ein Irrglaube?

Verfasst von
Gabriele Conoscenti
Veröffentlicht am
April 22, 2025

Kann man eine Marke wirklich managen?

Brand-Management ist ein Irrglaube.
Eine Marke kann man nicht „managen“, sie ist keine Liste von To-dos, die man einfach abarbeitet. Eine Marke ist das, was dein Gegenüber von dir empfindet – nicht das, was du dir selbst ausgedacht hast.

Das war die Aussage eines befreundeten Brand-Designers. Er sagte es mit so einer Überzeugung, dass sie mich innerlich aufschrecken ließ. Nicht, weil sie provokant war – sondern weil sie meiner Logik komplett widersprach.

Ich begann nachzudenken. Und je tiefer ich in diesen Widerspruch einstieg, desto klarer wurde mir: Da steckt mehr dahinter.

Also lass mich dich kurz mitnehmen in meinen Denkprozess.

Gedankliche Hürde Nr. 1: Was ist eigentlich eine „strategische Basis“?

Wenn die strategische Basis das ist, was wirklich zählt – was genau ist dann Strategie?

Wenn wir Strategie als „genauen Plan für ein Verhalten“ definieren, dann sprechen wir letztlich von einer strukturierten Abfolge von Maßnahmen. Ein Plan. Eine Liste von To-Dos. Ein Verhalten, das man abarbeitet.

Und wenn ich eine strategische Basis aufbaue, um gezielt die Wahrnehmung meiner Marke zu beeinflussen – dann folge ich einem Plan mit genau diesem Ziel.

Heißt das nicht, dass ich aktiv daran arbeite, dass meine Marke so empfunden wird, wie ich es mir ausgedacht habe? Klingt das nicht ziemlich genau nach Brand-Management?

Gedankliche Hürde Nr. 2: Kontrolle vs. Einfluss

Hier kommt der Knackpunkt – und gleichzeitig der Moment, wo sich der innere Knoten langsam löst:


» Brand-Management suggeriert Kontrolle – aber Wahrnehmung ist nicht kontrollierbar.

Du kannst jede strategische Maßnahme treffen. Du kannst dein Logo entwickeln, deine Sprache definieren, Touchpoints gestalten und dein Verhalten auf Linie bringen – aber du kannst nicht bestimmen, wie jemand deine Marke am Ende empfindet.

» Du schaffst den Rahmen – aber die Wahrnehmung gehört dem Gegenüber.

Was wir wirklich tun, ist: Wahrscheinlichkeiten steuern.

Wir erhöhen durch Design, Sprache, Verhalten und Konstanz die Chance, dass jemand unsere Marke so versteht, wie wir es uns wünschen. Aber wir können es nicht garantieren.

» Strategie ist eher wie eine Einladung – nicht wie eine Bedienungsanleitung.

Wir schaffen Bedingungen, in denen Menschen unsere Marke erleben können. Aber was sie dabei empfinden, entsteht in ihnen selbst. Und das ist ein Unterschied, der alles verändert.

Was bedeutet das für den Begriff Brand-Management?

Managen heißt für mich: verwalten, betreuen, in Ordnung halten, führen. Und wenn eine Marke das ist, was andere über mich empfinden – dann heißt Brand-Management im Kern: das Betreuen von wahrscheinlicher Empfindung.

Und das ist verdammt sinnvoll.


Denn:

  • Wir betreuen die Marke, indem wir konsistente Signale setzen.
  • Wir haben sie „in unserer Obhut“, indem wir auf die Stimmigkeit zwischen Design, Sprache und Verhalten achten.
  • Wir halten sie „in Ordnung“, indem wir Abweichungen erkennen und gezielt gegensteuern.
  • Wir führen sie, indem wir strategische Entscheidungen treffen, die Einfluss auf die Wahrnehmung haben.

Das alles ist Brand-Management. Nicht im Sinne von totaler Kontrolle. Sondern im Sinne einer bewussten, aktiven Einflussnahme.

Fazit – und ein neues Gedankenmuster:

Brand-Management ist keine Illusion – aber auch keine totale Kontrolle.

Eine Marke kann man nicht bis ins letzte Detail steuern, denn sie ist das, was dein Gegenüber empfindet – nicht das, was du dir selbst ausgedacht hast.

Doch genau hier setzt Brand-Management an:

Es geht nicht darum, Wahrnehmung zu diktieren, sondern darum, sie bewusst zu lenken. Durch Design, Sprache, Verhalten und Konstanz schaffen wir einen Rahmen. Wir kuratieren Eindrücke, erhöhen Wahrscheinlichkeiten – und führen unsere Marke durch Entscheidungen, nicht durch Kontrolle.


Vielleicht ist das die eigentliche Kunst im Brand-Management:
Den Spagat auszuhalten zwischen strategischem Einfluss und der Demut, dass Marken immer auch in den Köpfen anderer entstehen.

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